Nachlese: 5. eFuture-Day am 20.04.2017

RedakteurIn: Anita Eller
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Text: Dieter Draxl

Der eFuture-Day 2017 am 20. April 2017 fand heuer wie schon im vergangenen Jahr am Tiroler Bildungsinstitut Grillhof in Vill bei Innsbruck von 9:00 bis 16:30 statt – allerdings unter besonderen Vorzeichen, denn diese Veranstaltung wurde nun bereits zum 5. Mal abgehalten – und so durften Geburtstagskuchen und -kerzen nicht fehlen. Nach der Begrüßung durch Andrea Prock und dem Fachinspektor für Informatik, Mag. Helmut Hammerl, führte ein kurzer vorab gefertigter Videoclip in den Programmablauf ein. Darin waren anwesende Ehrengäste gebeten worden, zu Fragen bezüglich digitaler Kompetenzen, des Gebrauchs von Tablets an Schulen und dem persönlichen Umgang mit Handynutzung Stellung zu beziehen. Herauszuheben für mich als Redakteur waren folgende Aussagen:

  • Der Erwerb digitaler Kompetenzen im Unterricht gestaltet sich anders als das Erlernen des Umgangs mit diversen EXCEL- Spreadsheets.
  • Es gibt so gut wie keine Forschungsergebnisse bezüglich digitaler Kompetenzen bei Lehrer_innen.
  • Die Entwicklung schreitet dermaßen schnell voran, dass besonderer Handlungsbedarf gegeben ist.
  • Die Abhängigkeit von Smartphones bzw. Applikationen an Smartphones zeigt sich selbst in den Schlafzimmern ihrer User – Smartphones sind kleine Wunderwerke in einem (Wecker, Kalender, Fotoapparat, Kommunikationsmittel, Taschenrechner, Notizblock usw.).

In ihrer Begrüßungsansprache betonte Frau Landesrätin Dr. Beate Palfrader die besondere Aufgabe der Schule in der Entwicklung digitaler Kompetenzen und der Professionalisierung der Lehrkräfte. Hier trägt besonders der alljährlich stattfindende eFuture-Day das seinige dazu bei ebenso wie das österreichweite eEducation-Projekt, an dem bereits mehr als 60 % aller AHS und APS-Schulen in Tirol teilnehmen. So oder so – unsere Zukunft wird „digitaler“ werden.

Fachinspektor Mag. Helmut Hammerl bezog sich in seinen einleitenden Worten vor allem auf das Schlagwort „Schule 4.0.“. „Alles wird 4.0 und wir gehen unruhigen Zeiten entgegen mit vielen neuen Chancen, einer sich verändernden Fortbildungslandschaft und der Notwendigkeit von lebenslangem Lernen.“

Erläuterungen zum Programm und dem obligaten QR-Code Quiz erfolgten durch Moderatorin Andrea Prock.

Ing. Mag. Dr. Alfons Stadlbauer – Trainer, Moderator, Autor, Lektor, Bildungsreferent, Qualitätsmangager – stellte in der der ersten Keynote des Bildungstages sein Konzept von „Mit Tablets punkt.genau präsentieren und visualisieren“ vor. Dabei geht es ihm vor allem um das Einbringen von kreativen und nutzerorientierten Aspekten in die derzeit vorherrschenden klassischen Präsentationstechniken, welche sich eher an Inhalten als an den Usern orientieren. Slogans wie „Was bringt es mir?“, „Reduktion anstelle von Konstruktion“, „Verstehen und lange nicht vergessen können“, „Nutzorientierung = Punkt“, „reduzieren – visualisieren – artikulieren „, „Kommen wir zum Punkt“ sollen die Veränderungen verdeutlichen. Zu einer „punkt.genauen“ Präsentation braucht es dann vor allem Mut und Kompetenzen im Umgang damit. Einige Hinweise und Beispiele folgten anschließend:

  • 4 Quadranten bestimmen eine Präsentation: Text, Farbe, Symbole, Bilder
  • Schreiben Sie so wenig wie möglich.
  • Verwenden Sie Druckschrift anstelle von Blockschrift.
  • Wählen Sie den richtigen lesbaren Schriftgrad.
  • Dünne Linien vermitteln dem Betrachter Unsicherheit.
  • Farben erwecken Emotionen, wirken psychologisierend, erwecken Aufmerksamkeit, schaffen Ordnung uvm.
  • Symbole steigern das Verständnis: z.B. Punkte stehen für Klarheit, Genauigkeit, Vierecke für Chancen, Offenheit, usw.
  • Eine Kombination aller 4 Quadranten erleichtert den Gehirnen der Betrachter eine bessere Rekonstruktion des in einer Präsentation Wahrgenommenen.
  • Entwickeln und Entwerfen Sie eigene Symbole – jede/r kann zeichnen.
  • Entwickeln Sie das Vertrauen in sich selbst, Texte, Bilder, Farben und Symbole miteinander zu kombinieren.
  • Ein Bild sagt mehr als 100 Worte.
  • Grafiken, Symbole, Textbausteine lassen sich vorbereiten und lassen sich während der Präsentation einfügen - sie müssen ja nicht ad hoc vor versammeltem Publikum entwickelt werden.
  • Erstellen Sie eigenen „pictionaries“, also Symbol – und Bilddatenbanken.
  • Fügen Sie Neues zu Vorhandenem hinzu – benützen Sie das Werkzeug der Annotation.

Als Top 3 Applikationen empfiehlt Dr. Stadlbauer Paper von fiftythree.com (nur für IOS), OneNote von Microsoft (alle Plattformen) und PDF Expert (nur IOS). Für andere Plattformen lassen sich ähnliche Werkzeuge finden.

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Dr. Alfons Stadlbauer

Im Anschluss an diese Keynote erfolgten 5 Impulsreferate im „Tiroler 5 Minuten“ – Pecha Kucha Stil:

Klaus Himpsl-Gutermann stellte das KidZ-Schaufenster vor (http://kidzschaufenster.phwien.ac.at/), in dem Österreichs KidZ-Klassen Einblick in ihre Erfahrungen mit digitalen Medien geben.

Erich Pitterl & Robert Mairginter berichteten von ihrem Einsatz des Tools Symbaloo (https://www.symbaloo.com/ ), das Schüler_innen und ihren Lehrkräften die Organisation diverser Linksammlungen erheblich erleichtert.

Ortrun Gröblinger von der Universität Innsbruck referierte über MOOCs (Massive Open Online Course) die Medienkompetenz der Lehrenden betreffend. Ein weiteres Ziel der Universität Innsbruck ist auch die Schaffung von Materialienpools für Lehrer_innen der verschiedenen Unterrichtsfächer unter dem Motto „Der zukünftige Mathematik-Lehrer“ usw. Mit 6 Projektpartnern sind 6 Module geplant, wobei das Modul 5 namens „Medienwirkung“ bereits im Entstehen ist. Im Schuljahr 2017/18 sollte es als freie Bildungsressource unter imoox.at (https://imoox.at/wbtmaster/startseite/ ) online sein.

Christian Jähnl erzählte von seinen Erfahrungen über Coding mit Schüler_innen, wobei das Erlernen von Programmierkenntnissen in 3 Schritten erfolgt:

  1. Absolute Basics (z.B. Erfahrungen mit Tabellenkalkulation)
  2. Computational Thinking (Internet of Things)
  3. Spezialisierungen (code.org, codeweek, …)

Programmiererfahrungen ergeben sich durch das Erlernen von einfachen Programmiersprachen, Anwendungen wie GeoGebra oder GIMP und komplexeren Programmierumgebungen wie PHP oder Scratch.

Walter Steinkogler informierte über das Projekt eEducation Austria und dessen Bedeutung für digitale Kompetenzen in der Ausbildung an österreichischen Schulen. Bereits 1000 Schulen nehmen daran teil und bis Ende 2018 sollen es 2000 Schulen werden. Wichtig ist vor allem die Sichtbarmachung der verschiedenen schulischen Initiativen und deren Dokumentation, um eine klare Transparenz zu gewährleisten. Geldmittel zur Finanzierung von SCHILFS und anderweitigen Fortbildungsinitiativen sind vorhanden.

Vor der Mittagspause setzte sich Dr.  Herbert Jodlbauer als zweiter Keynote-Speaker mit der Datenflut und den Gefahren und Trends von Big Data auseinander unter dem Vortragstitel „Die Datenspinne“, benannt nach seinem gleichnamigen Buch. Beispielhaft berichtete er, dass heute in 6 Stunden mehr Daten generiert werden als in Summe weltweit bis zum Jahr 1997. Der Energieverbrauch für das Internet weltweit entspricht dem Gesamtenergieverbrauch eines Landes so groß wie Schweden. Der CO2-Ausstoß durch die Internetnutzung (Serverfarmen, Stromverbrauch etc.) ist ähnlich hoch wie der des derzeitigen Flugverkehrs weltweit. Eine einzige Google-Abfrage lässt eine Energiesparleuchte 1 Stunde lang brennen.

Bei der Interpretation der grafischen Darstellung von Daten ist es unabdingbar, Vorwissen und Kenntnisse über Zusammenhänge zu besitzen, ebenso wie vernetzt denken zu können. Nur dann lassen sich Daten sinnvoll interpretieren, ohne zu falschen Schlüssen zu gelangen.

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Dr. Herbert Jodlbauer

Es folgten Beispiele, wie sehr „Big Data“ bereits seit langem in unser Leben einwirkt. Intelligente Container, ausgerüstet mit Sensoren, melden fehlende Lagerbestände an Zentralstellen und sorgen für rasche Nachlieferungen. Intelligente Visualisierungstechniken (Virtual Reality, Google Glasses) erlauben die Vermittlung von Handgriffen und Installationstechniken über weite Entfernungen. Proglove stellt die Kommunikation zwischen Fertigungstechnik und Händen her, um jeden Arbeitsgriff zu begleiten und zu „loggen“. Eyetracking wird bereits in der industriellen Montage genutzt, ebenso wie bei der Gestaltung von Websites.

Daten sind das „Erdöl“ von Morgen, also ein unheimlich wertvoller Rohstoff, der die Zukunft unserer Nationen maßgeblich bestimmen wird. China und die USA programmieren bereits unsere Zukunft und Europa hat einen enormen Nachholbedarf. Unsere Schüler_innen müssen lernen, aus Daten Wissen zu schaffen. Dazu benötigen sie Vorwissen, eine Zielrichtung und eine entsprechende Wertehaltung. Programmierkenntnisse allein genügen nicht, denn Werte und ein ethisches Grundgerüst sind die Leitplanken. Durch die Digitalisierung werden die Karten neu gemischt, mehr denn je. Ein Smartphone von heute ersetzt Computer, Notizblock, Wecker, Kamera, Kalender, Rechner, Telefon und Spielzeug. In Folge dringt die Nutzung in alle Lebensbereiche mit allen Gefahren vor. Die Gefahr der Entgrenzung ist groß, der „Onlinedrang“ wird zum „Onlinezwang“. Dokumentieren wird wichtiger als „Erleben“. Grundkulturtechniken verschwinden und manche werden ersetzt durch andere Fertigkeiten. Die Nutzung des „Auges“ verdrängt alle anderen Sinne. Die Gesellschaft glaubt an eine Anonymität im Netz, die aber nur scheinbar besteht, denn die Spuren der User_innen werden gnadenlos ausgebeutet. Cookies, IP-Adressen, GeoLocation Data, ID-Profile und Kaufverhalten liefern Big Data jede Menge an Stoff. Wer kennt nicht die käuferspezifische Werbung, die am Monitor erscheint, wenn man bei Amazon ein Produkt gesucht hat? Wussten Sie, dass der Navigationssystemerzeuger TomTom Ortsdaten und Geschwindigkeitsdaten Ihres Navis an die Behörden verkauft, damit diese dann an neuralgischen Stellen ihre Radarmessungen vornehmen können? Besonders gefährlich für unsere Gesellschaft entpuppen sich sogenannte „Filterbubbles“, also jene Informationsfilterung, die dem Individuum nur mehr seine eigenen, persönlichen Wahrheiten vorsetzen und damit zu einer Polarisierung ganzer Gesellschaftsschichten führen und diese von Andersdenkenden entfernt, ja sogar zu Extremismus führen kann. Der „intelligente Algorithmus“ wirkt heute und in Zukunft bedrohender als Roboter. Er wird in den kommenden Jahren tausende von Bankjobs ersetzen (Kreditbewertungen), Ärzte arbeitslos machen (Diagnoseerstellung) ebenso wie junge Juristen. Auch die sogenannte Bildungselite wird betroffen sein, nicht nur „bildungsferne“ Arbeiter_innen und Angestellte.

ShiFt happens! (Das „F“ im Wort kann man je nach Laune sehen oder auch nicht)

Nach der Mittagspause und einer köstlichen Menüauswahl verteilten sich die Zuhörer auf 6 Workshops in 3 Runden zu jeweils 45 Minuten bis 16 Uhr 15. In der Endrunde wurden im Plenum die Gewinner des diesjährlichen Quiz gezogen mit einem IPAD als Hauptgewinn, einem Multifunktionsdrucker und einer Wechselfestplatte als weitere Preise. Abschließend schnitt Andrea Prock den riesigen Schokoladekuchen zum 5-jährigen Jubiläum des eFuture-Days an.

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Andrea Prock

Besonderer Dank gebührt allen Veranstalter_innen, Mitarbeiter_innen und institutionellen Partnern des eFuture-Days 2017. Auch Nicht-Technik-und-Nicht-IT-affine Personen profitierten von dieser gelungenen Veranstaltung, denn die gewählten Inhalte waren für alle – nicht nur für Expert_innen - verständlich und interessant.

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Datum: Di. 25.04.2017